Architekt Stefan Strack und Bäder-Geschäftsführer Ralf Kaufmann
informieren die Mitglieder des Aufsichtsrates vor Ort über den Sachstand der
Bauarbeiten. Foto: Kierblewski
Baustellenbegehung: Arbeiten an Decke, Brandschutz und Dämmung
ALSFELD (kiri). In jeder Herausforderung steckt oftmals auch eine Chance – so
bei der notwendigen Dachsanierung im Alsfelder Hallenbad. Die hat dem
Betreiber‐GmbH neben der Corona‐Pandemie zwar die Wintersaison verhagelt,
bietet ihr aber gleichzeitig die Chance, das Bad nicht nur ökonomisch, sondern
auch ökologisch für die Zukunft gut aufzustellen – beispielsweise mit einer
möglichen Solaranlage auf dem Dach. Über den genauen Sachstand und den
Geschehnissen auf der Baustelle konnten sich jetzt die Mitglieder des
Aufsichtsrates selbst ein Bild machen, die mit Bäder‐Geschäftsführer Ralf
Kaufmann und dem leitenden Architekten Dr. Stefan Strack von Schmidt &
Strack Architekten einen Vororttermin hatten.
In luftiger Höher und bei leichtem Nieselregen erläuterte der erfahrene
Architekt den Mitgliedern des Aufsichtsrates unter dem Beisein ihres
Vorsitzenden und gleichzeitig Bürgermeister der Stadt Alsfeld, Stephan Paule
(CDU), die Problematik, die bei der geplanten Dachsanierung und Dämmung
Mitte des Sommers zu Tage getreten ist: Die Folgeschäden aus der bekannten
Undichtigkeit des Daches – weshalb man eine Dachsanierung geplant und durch
ein Förderprogramm auch finanziert wusste – ist größer als geahnt und hat vor
allem im Zusammenspiel mit der Chlorid haltigen Luft aus dem Hallenbad für
größere Schäden nicht nur am Beton, sondern auch in der Bewehrung (Eisen)
gesorgt.
„In den 60er Jahren, bei der Errichtung des Hallenbades, konnte man wohl nicht
abschätzen, welchen bauphysikalischen negativen Einfluss die Chlorid haltige,
feucht‐warme Luft aus dem Badebetrieb auf die Spannbetonkonstruktion mit
der dafür üblichen geringen Betondeckung hat.“ Von daher sei niemandem von
damals ein Vorwurf zu machen, da man diese Erkenntnisse erst später
gewonnen hatte, betonte Strack, der allerdings froh ist, dass man beim
Teilrückbau der abgehängten Decke im Rahmen der Sanierungsarbeiten den
größeren Schaden entdeckt und die notwendigen Schritte eingeleitet hat:
Konstruktionszustandsuntersuchung durch eine amtliche Materialprüfanstalt.
Dach war nicht akut einsturzgefährdet
Geplant war im Rahmen des Bundesförderungsprogramms, durch das das
Alsfelder Bad mit 1,3 Millionen Euro gefördert wird, im ersten Bauabschnitt eine
Dachsanierung vorzunehmen und es neu zu dämmen, da die Dämmung zum
einen nicht dem heutigen Dämmstandart entspricht und zudem auch
Undichtigkeiten am Dach festgestellt wurden. Im Laufe des Sommers sollten die
Arbeiten erledigt sein, so dass im September das Hallenbad wie gewohnt hätte
öffnen können. Doch es kam anders. Wobei Strack und Kaufmann unisono
betonen: „Das Hallenbaddach war nicht akut einsturzgefährdet, in ein paar
Jahren hätte es anders ausgesehen, aber wir haben es glücklicherweise
rechtzeitig gemerkt.“
Man wusste, dass es in der Traufe – dem schmalen, geraden Stück des sonst
schrägen Daches Richtung Sauna zu – undichte Stellen gab. Beim Rückbau des
Daches von außen, die sich über mehrere Wochen hinzog, entdeckte man, dass
es massivere Schäden an der Dachkonstruktion gab als geahnt. Für Stefan Strack
ist das nicht ungewöhnlich, wenn auch in dem Fall überraschend, denn beim
Bauen im Bestand sei oftmals mit bösen Überraschungen zu rechnen.
„Die Decke wurde damals aus Spannbeton hergestellt. Dabei wird die Decke mit
einer Überhöhung betoniert und zwischen zwei Binder gelegt, wobei sich dann
auch die Überhöhung legt“, erläutert der Architekt. „Das Problem dabei ist, dass
die Decke dadurch einen sehr schlanken Querschnitt hat und die untere dem
Hallenbad zugewandte Zugbewehrung nur mit einem Zentimeter Beton
überdeckt wird.“ Chlorid haltige Luft und Regenwasser können dann nicht
ausreichend von der Bewehrung ferngehalten werden und es kommt zu
Korrosion, von außen nicht sichtbar, im Inneren der Betondecke.
Warten auf die Materialerprobung
Für die Materialbeprobung mussten jetzt weitere Flächen des Daches freigelegt
werden. Sobald die Ergebnisse vorliegen – dies wird voraussichtlich Anfang
November sein – entscheidet sich, ob man das Dach teilweise sanieren kann
oder ob ein kompletter Neubau des Daches notwendig ist. „Sollte letzteres der
Fall sein, wird das Hallenbad in dieser Wintersaison nicht mehr öffnen können“,
bedauert Ralf Kaufmann.
Denn sollte die Technische Prüfanstalt Kassel (AMPA) zu dem Ergebnis kommen,
dass die Dachkonstruktion komplett neu aufgebaut werden muss, sind Schritte
notwendig, die Zeit benötigen: Ein Raumgerüst auch im Innenraum stellen,
Decke und abgehängte Decke komplett abtragen, so dass man vom
Beckenboden in den Himmel schauen kann, und neu aufbauen. „Das Betonieren
eines neuen Ringankers auf der Mauerkrone geht aber nur, wenn die
Temperaturen mitspielen. Die Härte des kommenden Winters spielt also auch
eine Rolle, auf die wir keinen Einfluss haben“, erklärt Strack.
Zudem sind die Maßnahmen durch den Bund hoch gefördert, so dass sich dort
auch an gewisse Regularien gehalten werden muss und die Bäder GmbH, die
Stadt Alsfeld sowie Schmidt & Strack Architekten nicht frei und flexibel in ihrer
Entscheidung und Zeitplanungen sind – beispielsweise bei der Auftragsvergabe,
für die vorab ein aufwendiges öffentliches Ausschreibungsverfahren nach
gewissen Richtlinien und Fristen notwendig ist.
Die Bäder GmbH hat aber weitere Anträge auf Förderprogramme gestellt, wie
beispielsweise für das SWIM‐Programm, so dass die nach hinten verschobenen
Bauabschnitte beziehungsweise Kostenübernahmen durch das
Bundesförderungsprogramm durch andere Förderungen umsetzbar sein
werden. Dies sind Vorhaben wie die Umgestaltung der Beckenumgänge, der
Ertüchtigung von Schwallwasserbehälter und dem Endausbau einer
Transportstraße im Freibad, die sich nach hinten verschieben werden. „Dabei
handelt es sich um Sanierungen, die wir ohne Bedenken zu einem späteren
Zeitpunkt umsetzen können“, so Kaufmann.
Parallel: Brandschutz und Dämmung optimiert
Parallel zu der Hallenbad‐Dach‐Sanierung kümmern sich Schmidt & Strack um
notwendige Brandschutzmaßnahmen, die Vorbereitungen für die Sanierung des
Technikgebäudes im Freibad sowie – und das ist auch aufwendiger als
ursprünglich gedacht – um die Dämmung der Hallenbad‐Außenwände. Aktuell
gibt es dort keine Dampfsperre und die Feuchtigkeit der Schwimmbadluft
diffundiert nach außen und beschädigt dabei den Außenputz, der in Folge immer
mehr abblättert. Nun wird an allen vier Seiten eine Dampfsperre auf‐ und eine
hinterlüftete Fassade in Alu‐Verkleidung angebracht.
Nach hinten schiebt sich auch die Beckenkopfsanierung im Freibad, informierte
Stefan Strack beim Ortstermin die politischen Vertreter, da die
Beckenwasserhydraulik an die neuen DIN‐Normen angepasst und damit die
Beckenverrohrung im Alsfelder Freibad neu gemacht werden muss. Das sei
ebenfalls eine größere Maßnahme, die gemeinsam mit der
Beckenkopfsanierung in einem Zug durchgeführt wird. Auch hierfür wird ein
weiterer Förderantrag gestellt.
„Solche Überraschungen beim Bauen im Bestand bin ich gewohnt, dennoch ist
es für mich hier vor Ort etwas schwieriger, da ich selbst Alsfelder bin, viele Leute
kenne und ich immer wieder gefragt werde, wann das Hallenbad endlich öffnet
oder die Maßnahmen fertig sind“, gibt Stefan Strack zu.
Aber er sieht in den Überraschungen auch eine Chance: „Wenn wir das
komplette Dach neu machen müssen, werden wir eine andere Decke einbauen,
die uns zum Beispiel auch ermöglicht, eine Solaranlage auf das Hallenbaddach
zu installieren, was bisher wegen der Tragfähigkeit nicht machbar war. Das ist
nicht nur umweltfreundlich, sondern auch Betriebskosten sparend“, stellt Strack
in Aussicht.
Kaufmann ergänzt: „Wenn wir dann endlich wieder aufmachen können, haben
wir auch eine Überraschung für die kleinsten Badegäste… Wir haben die Zeit
jetzt nämlich auch genutzt und das Babybecken‐Areal umgestaltet. Es ist richtig
schön geworden.“