Von Hexen, Teufel und anderem Kuriosen – ein Alsfelder Stadtrundgang zwischen den Welten – Stadtarchiv und Albert-Schweitzer-Schule legen „magische Broschüre“ vor – Zeichnungen lassen Stadtgeschichte lebendig werden
Nachdem Stadtarchivar Michael Rudolf mit interessierten Schülerinnen und Schülern der Alsfelder Albert-Schweitzer-Schule im vergangenen Jahr das Thema des Dreißigjährigen Krieges in Form eines gedruckten Stadtrundganges, einer Themenführung sowie einer szenischen Aufführung aufgegriffen hat, ist nun als weiteres Gemeinschaftsprojekt die Broschüre „Von Hexen, Teufel und anderem Kuriosen – ein Alsfelder Stadtrundgang zwischen den Welten“ in Form einer 68seitigen illustrierten Broschüre entstanden.
Die Broschüre ist mit ihren zwölf Stationen als Stadtrundgang konzipiert und vermittelt in Wort und Bild, wie „Hexen und Teufel einst den Alsfeldern das Fürchten lehrten.“ Ursprünglich sollte ein öffentlicher Rundgang an „Walpurgis“ allen Interessierten Einblicke in die Alsfelder Geschichte des Hexen- und Teufelsglaubens geben, woran sich ein Hexenspiel der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums mit der Unterstützung des Bürgermeisters, des Magistrates, der Wirtschaftsförderung und des Stadtmarketings sowie des Fördervereins der Albert-Schweitzer-Schule mit dem Titel „Eine Alsfelder Hexennacht von 1663“ anschließen sollte. Zur Abrundung der illustren Veranstaltung am 30. April war von den Organisatoren noch an ein „Hexenmahl und eine Hexenwanderung“ gedacht. Es ist zu hoffen, dass die Veranstaltung anlässlich der „Zauberhaften Nacht“ am 26. September nachgeholt oder im nächsten Jahr an Walpurgis durchgeführt werden kann.
Die Alsfelder, die Bewohner der Ortsteile und auch die Touristen dürfen sich über die neue, spannende und informative Hexen-Broschüre freuen, die im Tourist Center unter 182-165 bzw. tca@alsfeld.de angefordert werden kann, um schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf das Hexenspektakel zu bekommen und über eine in Alsfeld noch nicht ganz so bekannte Thematik informiert zu sein.
Die Broschüre, finanziell und ideell von der Heinz- und Gisela-Friederichs-Stiftung gefördert, begibt sich inhaltlich auf den Spuren des „Dämonischen“, des „Magischen“ und des „Zauberhaften“. Sei es das wilde Treiben der Teufel in Alsfelds Passions- und Weihnachtsspiel, die Untersuchungen, die einst Magister und Pfarrer Georg Eberhard Happel vor allem gegen die der Zauberei verdächtigen Frauen geführt hat, das Verhör und die Hinrichtung eines „Zauberers“, die erstaunliche Geschichte des Mädchens „Lisa“ und ihre Teilnahme am Hexensabbat sowie die Versuchung eines Hirtenknaben durch den bösen Geist, Leserinnen und Leser werden in dieser Spurensuche durch Alsfeld auf eine uns heute meist fremde, oft unverständliche und zugleich erschreckende Reise in die Vergangenheit mitgenommen. Himmelserscheinungen, Heilkundiges, Sittenverstöße und Ausgrenzung, die Rolle der Alsfelder Scharfrichter und Wasenmeister sowie der Abwehrzauber an manchen Fachwerkhäusern stehen im Zentrum dieses „schaurigen“ Rundgangs durch Alsfeld.
Bürgermeister Stephan Paule, der das Projekt von Anfang an unterstützte, spart nicht mit Lob für die vielfältigen Leistungen: „Dankenswerterweise haben sich die Schüler der Albert-Schweitzer-Schule zusammen mit ihrem Lehrer und Stadtarchivar Michael Rudolf diesem dunklen Kapitel angenähert und es für die Stadt Alsfeld aufgearbeitet. Ich freue mich sehr, dass sich junge Leute für solche Themen und Projekte begeistern können, denn auch diese dunklen Zeiten dürfen nicht in Vergessenheit geraten.“ Und auch Alsfelds Schulleiter Christian Bolduan war von Beginn an der Projektidee und der Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler gegenüber aufgeschlossen: „Mit der vorliegenden Broschüre versuchen Schülerinnen und Schüler des örtlichen Albert-Schweitzer-Gymnasiums unter Leitung ihres Lehrers und Stadtarchivars Michael Rudolf Licht in eine dunkle Epoche zu bringen. Die so entstandene Broschüre begleitet Interessierte in einzigartiger Weise durch Alsfeld.“
Die Geschichte des Hexen- und Teufelsglaubens in Alsfeld lebt in dieser Broschüre jedoch nicht nur durch das Wort alleine. Die eindrucksvollen Zeichnungen von Ellinor Rahel Wahby, Melissa Richter, Salome Elisabeth Hofmann, Louise Lanz, Helena Bauer, Thirza Reibeling, Paulina Eifert, Sandi Czupalla und Referendarin Leandra Arlene Pohlai erwecken das Gesagte zum Leben und ermöglichen, dass die Zeitläufte stärker nachempfunden werden können. Die Postkarten Andreas Lenths und die aktuellen Fotos Christian Ermels bereichern die Broschüre zudem. Shary Bücking ist es gelungen, das Visuelle mit dem in Worten gegossenen Inhalt in einem adäquaten Layout zu verbinden.
Projektleiter Michael Rudolf dankt allen Beteiligten, die es ermöglichten, die Broschüre herausgeben zu können und denen, die mit großer Motivation daran gearbeitet haben. Rudolf betont, dass der Hexen- und Teufelsglauben ein wichtiges sozial- und mentalitätsgeschichtliches Phänomen der Vergangenheit ist. Im Übertrag seien existente Stereotypen zu erkennen, die auf heutige Mechanismen der Gewalt, Ausgrenzung und Verrohung gegenüber anderen Individuen leicht anwendbar sind, mit dem Ziel, sie als „Feindbilder“ zu identifizieren und diese Strukturen in einer Gesellschaft der Toleranz und Humanität zu überwinden.
Bleibt zu hoffen, dass, wenn der „Vorhang für das Hexenspiel aufgeht“ und die Schülerinnen und Schüler überdies zur Stadtführung einladen, das Thema viele Interessierte finden wird.
Der geführte Rundgang wurde bereits in das touristische Angebot der Stadt Alsfeld aufgenommen und kann, sobald Führungen wieder erlaubt sind, gebucht werden.