Was Weihnachten besonders macht? Die Traditionen.
Alsfeld. Der Brauch des Christkindwiegens am Heiligabend steht sinnbildlich für Alsfeld. Wenn die Musiker des Gesangvereins „Liederkranz Harmonie“ mit Verstärkung durch Musikanten des Posaunenchors Alsfeld mit ihren Instrumenten die Stufen der engen Wendeltreppen im Turm der altehrwürdigen Walpurgiskirche hinaufsteigen und die Lieder „Vom Himmel hoch da komm ich her“, „Lobt Gott ihr Christen alle gleich“ und der Choral „Ehre sei Gott in der Höhe“ singen, die die Menschen in Stadt und Land so auf die christliche Botschaft der Heiligen Nacht einstimmen. Gesungen wird das erste Mal um 17:15 Uhr an drei Ecken, im Hinblick auf die Dreifaltigkeit, nach Osten zum vorderen Kirchplatz, nach Süden zum Marktplatz und nach Westen zur Obergasse Um 18:00 Uhr kommen die Sänger und Bläser zum zweiten Male auf den Turm, um die drei Lieder in einer anderen Reihenfolge vorzutragen, und um 19:15 Uhr kommen sie zum dritten Mal zusammen und singen und spielen die Lieder wieder in einer anderen Reihenfolge, damit an jeder Ecke jedes der drei Lieder zu hören ist. Auf der vierten Turmecke im Norden wird traditionell nicht musiziert.
Tradition und Moderne, Brauchtum und Kultur verbinden sich beim Christkindwiegen auf eine ganz besondere Weise. Weihnachten ist bekanntlich die schönste Zeit des Jahres: Häuser und Städte werden herzlich geschmückt, alles wird etwas besinnlicher und unsere Weihnachtstraditionen lassen Kindheitserinnerungen hochkommen. Manche Traditionen gibt es deutschlandweit, zum Beispiel den Adventskalender oder den Weihnachtsbaum, andere nur in bestimmten Regionen des Landes. In Alsfeld ist das das Christkindwiegen.
Herr Bürgermeister Stephan Paule und Herr Pfarrer Remy überreichten dem Gesangsverein „Liederkranz Harmonie“ die jährliche Entlohnung. Pfarrer Peter Remy hatte den „Singewein“ der umgerechnet, mal in Gulden, Taler, Reichsmark, bei 35,72 Euro. Bürgermeister Paule überreichte traditionell die „Entlohnung in Höhe von 383,00 EUR“ aus dem Erbe Riechers, die in ihrem Testament explizit das Christkindwiegen als Heimattradition festgehalten und dafür den Betrag festgelegt hatte.
Christkindwiegen am Heiligabend
Das Christkindwiegen wurde in Alsfeld erstmals 1674 urkundlich erwähnt, als der ,,Conrector“ und ,,Director musices“ Henrich Leußler mit Sängern und Musikanten auf den Turm der Walpurgiskirche gestiegen war, ,,Auf Weihnachten in der Nacht dem Christkindlein zu ehren“.
Doch schon viel früher war es üblich, dass Bürger zum Beispiel im Gottesdienst singen durften. Ab 1467 sollte die Messe von dem Schulmeister mit den Schülern, Schulkindern und Bürgern gesungen werden. 1586 wurde zum ersten Male das ,,Collegium musicum“ in Alsfeld erwähnt. Es erhielt für seine Mitwirkung beim Gottesdienst und Christkindwiegen den sogenannten Singwein, zuerst von der Stadt, später von der evangelischen Kirchengemeinde. So war das bis 1852 üblich. Nachdem sich 1859 ein Singverein, später ,,Liederkranz“ genannt, gegründet hatte, erhielt dieser die Singweingelder, die ihm noch heute zustehen.
1849 gingen die Sänger des Gesangvereins ,,Liederkranz“ erstmals auf den Turm, um den alten Brauch des Christkindwiegens fortzusetzen. So haben es seither immer wieder Sänger, inzwischen ist es der „Gesangverein Liederkranz Harmonie“ mit Verstärkung durch Musikanten des Posaunenchores Alsfeld bis heute gehalten und im Laufe der Zeit die besonderen Regeln über den Ablauf geschaffen.